Aktuelles vom Kreuzbund

Freundschaft, Weggefährtenschaft und ihre Bedeutung für das Älterwerden

Schwere Schicksale tragen sich gemeinsam besser

22 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus 17 Diözesanverbänden haben sich vom 8. bis 10. August 2025 zur jährlichen Tagung des Arbeitsbereichs „Abstinent Älterwerden“ in Münster getroffen. Die Tagung unter der Leitung von Margit Köttig und Marianne Holthaus bot zum einen Raum für den Austausch über das Engagement in den Diözesen, und zum anderen wurde der Themenschwerpunkt „Freundschaft, Weggefährtenschaft und ihre Bedeutung für das Älterwerden“ bearbeitet.

Viele der Teilnehmenden betonten ihre Freude und den Stolz, als Multiplikator*in tätig zu sein. Andere wünschten sich mehr Unterstützung oder weniger Belastung durch Mehrfachfunktionen. Bei der insgesamt recht hohen Altersstruktur im Verband wurde die gute Zusammenarbeit in altersgemischten Gruppen als besondere Stärke des Kreuzbundes herausgestellt.

Das Thema "Freundschaft" wurde zunächst vor dem Hintergrund der persönlichen Erfahrungen der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren betrachtet. Langjährige Freunde sind Zeugen der persönlichen Lebensgeschichte mit all ihren Höhen und Tiefen. Mit zunehmendem Alter verändern sich Freundschaften. Oft werden sie ruhiger, tiefer, manchmal auch seltener. Auch lockere Freundschaften haben ihren Wert. Jeder kennt die entlastende und bereichernde Bedeutung des locker-leichten Beisammenseins von Freunden und Bekannten, z.B. wenn man sich – müde vom Tag – doch noch einmal aufrafft, liebe Menschen trifft und dann unerwartet beschwingt wieder nach Hause kommt. Insofern gilt es, eine Hierarchisierung von Freundschaften („bester Freund“) eher zu vermeiden. Jede wohlwollend-zugewandte Beziehung hat ihren Wert an sich, bringt andere persönliche Seiten „zum Schwingen“ und bereichert so die ureigene Entwicklung. Daher gilt es, die Vielfalt sowohl enger Freundschaften als auch lockerer Bekanntschaften wertzuschätzen und zu pflegen.

Im Verlaufe der Tagung wurden die Lebensbereiche Freundschaft, Familie und Weggefährtenschaft in ihren Unterschieden und Ähnlichkeiten miteinander verglichen. Im Unterschied zur Familie ist Freundschaft eine freiwillige Beziehung, die ohne Regeln und Gesetze auskommt und jederzeit beendet werden kann, obgleich sie auf Verbindlichkeit, Vertrauen und Zukunft hin ausgerichtet ist. Was in Zeiten von Veränderung und Krisen besser standhält – die Freundschaft oder familiäre Beziehungen – darüber werden die Meinungen und Erfahrungen auseinander gehen:

  • Wieviel Bestand hat die Freundschaft, wenn eine/r eine Liebesbeziehung eingeht und eine Familie gründet?
  • Können Freunde zur Ersatzfamilie werden?
  • Wo werden Freundschaften mit zu hohen Ansprüchen überfordert?
  • An welchen Unterstützungspraktiken können sie scheitern, vor allem vor dem Hintergrund des Älterwerdens, wenn Kräfte abnehmen und Menschen auf Unterstützungsleistungen angewiesen sind?

Dies hat vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der brüchiger werdenden familiären Beziehungen eine besondere auch gesellschaftspolitische Bedeutung und bekommt inzwischen auch in der Politik Aufmerksamkeit.

Selbstverständlich wurden auch die Themen Freundschaft und Weggefährtenschaft aufmerksam unter die Lupe genommen. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass beide Beziehungsformen etliche Gemeinsamkeiten haben. So werden Gruppentreffen von etlichen Teilnehmenden vor allem als freundschaftlich wahrgenommen. Gleichwohl gibt es Unterschiede. So finden Freundschaften in der Regel in Zweierkontakten statt. Überdauernde Freundschaftsgruppen und „Cliquen“ sind heutzutage seltener geworden, während „Weggefährtenschaft“ vor allem in der Gruppe stattfindet. Dadurch ist „Weggefährtenschaft“ oft belastbarer. Schwere Lebensschicksale tragen sich gemeinsam besser; schambesetzte Themen besprechen sich dort leichter, wo Menschen solidarisch mit gemeinsamen Zielen zusammenfinden. Die Belastungen rund um eine Suchterkrankung dauern oft viele Jahre an. Diesbezüglich darf man bei Weggefährt*innen mit mehr Verständnis und Solidarität rechnen, während Freundschaft hier mitunter an seine Grenzen stößt. Freundschaft – so das Ergebnis einer Kleingruppenarbeit – sei für viele wie eine Lebensversicherung und insofern gegenüber der Freundschaft mindestens ebenbürtig, in der ein oder anderen Hinsicht vielleicht auch bedeutsamer.

Menschen, die sich in verbindlichen Gruppen mit positiven Zielen und einer menschenfreundlicher Werteorientierung zusammentun, sind für den gesellschaftlichen Zusammenhalt enorm wichtig. Das gilt für Sportvereine, Musikgemeinschaften, Parteien mit demokratisch-positiven Grundwerten, Glaubensgemeinschaften, sofern sie den Fokus auf Nächstenliebe, Frieden und Gemeinwohl legen und – last not least – auch Freundschaftskreise und Selbsthilfegemeinschaften.

Insofern ist auch das Engagement für den Kreuzbund nicht nur persönlich hilfreich und sinnstiftend, sondern auch weit darüber hinaus wirksam. Denn durch die Begegnung unter Gleichgesinnten entstehen Solidarität, Kraft, Sinn, Schaffensfreude und bestenfalls die Motivation, etwas davon weiterzugeben und sich zu engagieren.

Marianne Holthaus, Suchtreferentin des Kreuzbund-Bundesverbandes

 

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