Aktuelles vom Kreuzbund

"Keiner - sucht - allein: Angehörige im Blick"

Herbst-Arbeitstagung im Katholisch-Sozialen Institut in Siegburg

Um die Bedürfnisse von Angehörigen suchtkranker Menschen ging es auf der Herbst-Arbeitstagung des Kreuzbundes vom 20. bis 22. September 2024 in Siegburg. Die rund 70 Teilnehmenden waren sich einig, dass Angehörige zur Sucht-Selbsthilfe  selbstverständlich dazugehören, zum einen, weil sie einen eigenständigen Informations- und Hilfebedarf haben, zum anderen können sie ihre Ressourcen zur Suchtbewältigung in die Partnerschaft bzw. in die Familie einbringen.

Unter der Leitung von Marianne Holthaus, Suchtreferentin des Kreuzbund-Bundesverbandes, gab es einen Impulsvortrag, ein Podiumsgespräch und verschiedene Kleingruppenangebote, um Ideen für das Angehörigen-Engagement auszutauschen und weiterzuentwickeln. In ihrem Vortrag stellte sie folgende Zahlen vor: 2017 lag der Anteil der Angehörigen im Kreuzbund bei 19 Prozent, vor 20 Jahren waren es noch 30 Prozent. Gründe dafür liegen u.a. im gesellschaftlichen Wandel: Angehörige sind finanziell unabhängiger und lösen sich heute schneller aus destruktiven Beziehungen. Darüber hinaus ist eine jahrelange Mitgliedschaft in Vereinen und Verbänden heute nicht mehr so selbstverständlich wie früher.

Auch ging es um die Frage, welche Barrieren Angehörige davon abhalten, in eine Sucht-Selbsthilfegruppe zu gehen. Grund dafür ist u.a. die Angst vor Stigmatisierung, Schuldzuweisungen und negativen Reaktionen anderer. Hier zeigt sich, dass die Stigmatisierung suchtkranker Menschen auch für die Angehörigen gilt. Studien zeigen, dass knapp die Hälfte der Bevölkerung suchtkranke Menschen für charakterschwach und für "selbst schuld" hält. Bei Menschen mit einer Depression sind es nur 20 Prozent. Außerdem brauchen nicht alle Angehörigen Unterstützung, ihre Bedürfnisse sind sehr vielschichtig. Begriffe wie „Suchtfamilie“ oder „Co-Abhängigkeit“ sind wissenschaftlich nicht haltbar und bedenklich, weil sie Angehörige von Suchtkranken hinsichtlich ihrer Lebenslage alle "über einen Kamm scheren."

In Kleingruppen (s. Foto) wurde erarbeitet, wie der Kreuzbund Angehörige besser erreichen kann. Die wichtigste Botschaft lautet: Der Kreuzbund sollte insgesamt präsenter werden, dann wird er auch für die Angehörigen sichtbarer. Jeder ist auf seiner Ebene gefragt dazu beizutragen.

Angehörige sind gleichberechtigte Gruppenmitglieder und sollten aktiv eingebunden werden - in den Gruppen, bei Freizeitaktivitäten und bei der Übernahme von Funktionen. Möglichkeiten für den Erfahrungsaustausch ergeben sich z.B. in Angehörigen- und Frauengruppen oder in „Angehörigen-Teatimes“. Auch mit gezielten Projekten können Angehörige erreicht werden, z.B. über das Projekt KETA (Kreuzbund-Entlastungstraining für Angehörige) im DV München und Freising sowie über das Projekt "Angehörige von Suchtkranken stärken" im DV Paderborn.

Hilfesuchende Angehörige können über gezielte Öffentlichkeitsarbeit erreicht werden, z.B. über Internetseiten, Social-Media-Beiträge, Werbematerialen und Veranstaltungen. Dabei ist die Vernetzung mit anderen Verbänden und Organisationen sinnvoll, damit auch sie Hilfesuchende auf die Sucht-Selbsthilfe aufmerksam machen können. Als Kooperationspartner kommen u.a. Beratungsstellen und Kliniken (z.B. von Caritas und Diakonie), Ärzte und Psychotherapeuten, Selbsthilfe-Kontaktstellen, Medien, Gesundheitsämter und Jobcenter in Frage. Naheliegend ist außerdem die Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinden vor Ort und den Bistümern.

Gunhild Ahmann, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit

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